Geschichten
und Mythologien um den Feuersalamander
|
|
Der
Feuersalamander ist unter den Amphibien eine der sagenumwoben -
sten Arten. Seine Immunität gegen Feuerverletzung und seine Giftig-
keit bewog Schriftsteller und Gelehrte der alten Zeiten zu fantasierei-
chen Geschichten.
Plinius der Ältere schrieb im 1. Jh.
n. Chr. in seiner «Naturalis historia »:
" Der Salamander, ein Tier von Eidechsengestalt und sternartig
ge-
zeichnet, läßt sich nur bei starkem Regen sehen und kommt
bei trocke-
nem Wetter nie zum Vorschein. Er ist so kalt, daß er wie Eis durch
bloße
Berührung Feuer auslöscht. Der Schleim, welcher ihm wie Milch
aus dem
Maule läuft, frißt die Haare am ganzen menschlichen Körper
weg; die
befeuchtete Stelle verliert die Farbe und wird zum Male. Unter allen
giftigen Tieren sind die Salamander die boshaftesten. Andere verletzen
nur einzelne Menschen und töten nicht mehrere zugleich ganz abgese-
hen davon, daß die Gifttiere, welche einen Menschen verwundet
haben,
umkommen und von der Erde nicht wieder aufgenommen werden der
Salamander hingegen kann ganze Völker vernichten, falls diese sich
nicht vorsehen. Wenn er auf einen Baum kriecht, vergiftet er alle
Früchte, und wer davon genießt, stirbt vor Frost; ja wenn
von einem
Holze, welches er nur mit dem Fuße berührt hat, Brot gebacken
wird, so
ist auch dieses vergiftet, und fällt er in einen Brunnen, das Wasser
nicht minder."
|
|
Selbst
Leonardo da Vinci soll geglaubt haben, dass Salamander Feuer
einsogen um auf diese Art und Weise ihre Haut zu erneuern.
Im Talmud wird gelehrt, daß der Salamander aus einem sieben Jahre
hindurch ununterbrochenen Feuer entsteht.
Bezüglich seiner Giftigkeit nimmt es nicht wunder, daß der
Feuersala-
mander eine bedeutende Rolle in der schwarzen Magie spielte. So wurde
er zu Zauberei und auch zu Mordversuchen benutzt. In der Medizin
fand er auf verschiedenste Weise Verwendung, zum Beispiel gebrannte
Salamander in Öl als Mittel zum Entfernen der Haare. Die Alchimisten
verbrannten Feuersalamander auf ihren Schmelzfeuern und träufelten
Quecksilber auf seine verkohlten Reste in dem Glauben, hierdurch Gold
erzeugen zu können. Daß dieses für äußerst
gefährlich gehaltene Expe-
riment nicht gelang, schrieben sie "der Niedertracht dieses allerschäd-
lichsten Tieres" zu.
|
|
Jorge
Luis Borges (1899-1986) liefert uns in seinem Buch «El Mundo
Imaginario» eine Erklärung, warum für die Alchemisten
der Salamander
der "Geist des Feuers" war: Der sizilianische Arzt Empedocles
sah im
5. Jh. n. Chr. in den vier Elementen den unveränderlichen Ursprung
aller
Dinge und nichts konnte stärker sein als sie. Dieses System verlangte
Parität: Da es Tiere der Erde, des Wassers und der Luft gab, waren
Tiere des Feuers erforderlich. Für die Würde der Wissenschaft
war es
wesentlich, dass Salamander als Geist des Elements Feuer existieren.
|
|
Mitte
des 12. Jahrhunderts zirkulierte durch ganz Europa ein gefälsch-
ter Brief, welcher der legendäre König Prester John an
einen byzanti-
nischen Emperator geschrieben haben soll. Unter anderen Aufzählungen
von Wundern wurde in der Epistel über den Salamander folgendes be-
richtet:
"In unserem Reich werden Würmer gehalten, welche auch als Salaman-
der bekannt sind. Salamander leben im Feuer und spinnen Kokons, wel-
che unsere Hoffrauen durch Spinnen und Weben zu Kleidung weiterver-
arbeiten. Um die daraus entstandene Kleider zu reinigen, werden sie ins
Feuer geworfen." |
|
Benvenuto
Cellini erzählt 1558 in seiner Familienchronik «Vita»,
wie sein
Vater ihm als fünfjährigen Jungen in den Flammen eines Feuers
einen
lebenden Salmander zeigt, der wohl mit Eichenholz dorthin getragen
wurde.
|
|
Rudolf
Malkmus berichtet aus Portugal, daß der Feuersalamander im
ganzen Lande das Sinnbild des Bösen sei. Nach einer Legende wurde
Christus bei der Kreuzigung ein Salamander von einem Soldaten ins Ge-
sicht geworfen. Angeblich erhält derjenige 100 Jahre Sündenvergebung
durch Jesus Christus, der es schafft, dem Blick des Salamanders
standzuhalten, ohne Ekel zu empfinden.
|
Lit.:
Klewen Reiner, Die Landsalamander Europas, Teil 1, (1991)
|
Wie
Otto Keller 1963 in seinem Werk «Die antike Tierwelt»
meint,
vermag der Feuersalamander tatsächlich durch reichliches Absondern
seines Hautdrüsensekrets dem Feuer kurze Zeit standzuhalten und
so
unbeschadet über einige glühende Kohlen hinwegzukriechen.
Doch wur-
de diese Fähigkeit so übertrieben ausgemalt, daß man
sagte, nicht die
mächtigste Flamme sei imstande, die Tiere zu verletzen.
top
of page
|